Troy Baker: „Sie wollen alle nur das eine von mir: ich soll ihnen den Joker auf die Mailbox sprechen“

(New York, Benjamin Kratsch)

Tiefblaue Augen, wuschelige Frisur und Dreitage-Bart treffen auf blaues Designer-Jackett von Tom Ford und eine Uhr von Maurice Lacroix. Keine Frage, Troy Baker könnte vom Aussehen und Auftreten einer der Großen aus Hollywood sein. Er hat den Stil von Brad Pitt, das kecke Lächeln von Leonardo di Caprio und die Lässigkeit von Johnny Depp, aber ein Star möchte der meistgebuchte Schauspieler der Spielebranche nicht sein. Egal ob die großen 100 Millionen-Dollar-Blockbuster Marke „Call of Duty: Advanced Warfare“ und „Batman: Arkham Knight“ oder brillante Kabinettstückchen wie „The Last of Us“ oder „BioShock Infinite“ – keiner kann auf den wandelfähigen Texaner aus Dallas verzichten.

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„Auf der einen Seite ist es natürlich wunderschön für seine Arbeit gelobt zu werden und immer wieder aufregend auf Spieler zu treffen, die über Situationen mit meinen Charakteren philosophieren möchten“, erklärt der 38-Jährige als ich ihn recht spontan in New York auf einen Drink treffe. „Auf der Anderen möchte ich aber eigentlich im Hintergrund bleiben. Wenn die Fans Batman spielen oder Far Cry 4, dann sollen sie bei der Intonation meiner Stimmen nicht mich als Person vor Augen haben, sondern sich voll und ganz auf die Spielfigur konzentrieren.“ Eine interessante Aussage für einen Schauspieler, der Spiele in den letzten Jahren so sehr geprägt hat, wie kaum einer zuvor. Seine Paraderolle in „The Last of Us“ war 2013 ein Aufbruch für die Branche, ein Spiel, das sich wie ein interaktiver Roman verstand. Das seine Story und Charaktere nicht wie sonst einfach nur als Vehikel fürs Gameplay nutzte, sondern um seine Spieler emotional tief zu berühren. Spiele sind heute die kommerziell erfolgreichste Kunstgattung, tun sich mit dem Begriff „Kunst“ aber genau so schwer wie Hollywood. Auch in der Filmhochburg kommen auf einen Kubrick drei Michael Bays.

„Charaktere waren früher Mittel zum Zweck, heute stehen sie im Fokus der Aufmerksamkeit“

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Laut Baker ist die Kunstform der Videospiele mittlerweile auf einer spannenden Ebene angekommen, auf der sich Filme und Romane schon seit Jahrzehnten bewegen. „Ich glaube Spiele haben eine sehr ähnliche Evolution durchlebt wie Filme. Im Kino der 80iger gab es den strahlenden Helden, der den intellektuell unterlegenen Bösen jagt“, erörtert der gebürtige Texaner, der mittlerweile mit seiner Frau in Los Angeles lebt.

„Irgendwann dann haben die Drehbuchautoren angefangen in James Bond-Filmen beispielsweise intelligente Antagonisten aufzubauen, die 007 immer einen Schritt voraus waren und ihre Ressourcen clever gegen ihn eingesetzt haben.“ So ähnlich sei auch Pagan Min angelegt, jener Despot und Antagonist aus Far Cry 4. „Ich liebe es ja solche teuflischen Charaktere zu spielen, die aber auch sehr smart sind, viel über den Protagonisten wissen und das gegen ihn einsetzen.“ Tatsächlich teilen Pagan und Protagonist Ajay eine gemeinsame Vergangenheit, doch mehr wollen wir euch hier lieber nicht spoilern.

„Alle wollen nur das eine: ich soll ihnen den Joker auf die Mailbox sprechen“

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Am meisten schätzt Baker die Abwechslung an seinem Beruf: „Kein Charakter ist gleich, die Anforderungen sehr, sehr unterschiedlich. Joel war ein sehr nachdenklicher, gebrochener Mann. Entsprechend gedämpft spreche ich dort, die Atmosphäre einer Szene muss sich in der Stimme wiederfinden.“ Auf der Comic Con in New York promotet er vor allem auf einem Panel das am 13. November erscheinende Lego Batman 3: Jenseits von Gotham. „Ich spreche dort Batman, gebe ihm eine sehr tiefe, mitunter albern wirkende Stimme. Was besonders cool an diesem Projekt ist, dass wir uns überall bedienen dürfen. Es ist wie ein Buffet, wo ich mir Ideen von Tim Burtons und Christopher Nolans Batman-Figuren greifen und kombinieren darf.“ Eine Lieblings-Rolle habe er nicht, wirft im Gespräch aber immer wieder gerne Anekdoten aus der Produktion zu Batman: Arkham Origins ein.

„Einmal den Joker spielen zu dürfen, das war schon ganz großes Kino. Ich bin mit Mark Hamill in dieser Rolle aufgewachsen, wusste also ich kann nicht besser als er sein, wohl aber der Figur etwas Eigenes mitgeben.
Und ich hätte mir beinahe in die Hose gemacht, als mich ein Fan auf der Comic Con in San Diego gebeten hat den Joker live zu sprechen. Ich bin generell extrem selbstkritisch, aber das kennt wohl jeder Kreative. Wo die anderen klatschen, habe ich nur überlegt, ob dieses oder jenes Wort nicht doch noch eine halbe Oktave höher oder mit mehr Vibration in der Stimme gesprochen hätte werden sollen.“

„Ach, ich bin doch einfach nur ein Geek, der seinen Job macht. Es ist für mich auch so eine große Ehre und Freude. Ich muss kein Leonardo Di Caprio sein. Dann würden mir in L.A. ja ständig Paparazzi hinterrennen, stelle ich mir eher stressig vor. Also ich muss los, bis zum nächsten Mal…“ 

Wir werden uns noch oft wiedersehen Mister Baker.

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